Donnerstag, 25. Februar 2010

Köche an der Front

Vincent Klink ist nicht nur Fernsehkoch. Er kocht auch ganz real in seinem Restaurant Wielandshöhe in Stuttgart, und er hat jetzt sogar ein Buch geschrieben. Man kann es als eine Art Entwicklungsroman lesen, aber auch als eine Beschreibung des Kochberufs. Klink berichtet nämlich, wie er aufgewachsen ist und seine Lehr- und Wanderjahre mit verschiedenen Stationen hinter sich gebracht oder, besser gesagt, überlebt hat. Jeder Seite des Buches kann man entnehmen, wie in einer solchen Karriere sich unheimlich schlechte, fast schon grausame Arbeitsbedingungen einerseits mit Freude und Stolz am Beruf anderseits verbinden, zu einer Mischung, die für diesen Beruf wohl typisch und ganz einmalig ist. Auch wenn man hoffen darf, dass sich die Arbeitsbedingungen und die Attitüde in deutschen Küchen inzwischen modernisiert haben, kann man andererseits nach diesem Buch doch verstehen, warum ein beträchtlicher Teil der ausgebildeten Kochlehrlinge später vor diesem Beruf flieht. Andererseits aber hat er eine große Anziehungskraft und findet immer wieder neue Anhänger, weil es im industriellen Zeitalter nur wenige Möglichkeiten gibt, die eigene Kreativität so auszuleben und letztlich auch ohne viel Kapital so erfolgreich zu werden, wie dies bei einem ideenreichen Koch der Fall sein kann.
Klink findet einen burschikosen Erzählton, er nimmt kein Blatt vor den Mund, und auch seine Schilderung einer rein schwäbischen Kindheit und Jugend ist hochinteressant. Wenn man bedenkt, dass trotz alldem ein „rechter Kerl“ aus ihm geworden ist, dann fragt man sich, ob der von Elternzeitschriften und Erziehungsbüchern betriebene psychologische Aufwand überhaupt sinnvoll ist. Offenbar geht es auch mit Ohrfeigen und trocken Brot.

Keller am Molteni Herd
Beim Blättern durch dieses lesenswerte Buch erinnerte ich mich an die „Bekenntnisse eines Küchenchefs“ von Anthony Bourdain, einem New Yorker Küchenchef französischen Einschlags, der noch deutlicher und intensiver als Klink die Adrenalin geschwängerte, von Stammesritualen geprägte Nahkampfatmosphäre in erstklassigen Küchen beschreibt. Bei Bourdain ist alles noch schärfer, noch extremer, vielleicht auch deshalb, weil in den New Yorker Küchen nun wirklich Emigranten aus der halben Welt zusammen kommen, Menschen, die von ganz unten kommen und in einer feindseligen Umgebung überleben müssen.
Ganz anders Martin Suter, der mit seinem neuen Bestseller „Der Koch“ eine wahre Liebeserklärung an die asiatische (hier: indisch-tamilische) Küche abgibt. Wem das Wasser im Munde hier nicht zusammenläuft, der ist entweder schon übersättigt oder sollte zum Arzt gehen. Wie man von Suter erwarten darf, beschränkt sich die Geschichte aber keineswegs auf idyllische Menubeschreibungen, sondern baut auch Spannung auf, lebt von überraschenden Wendungen und ist intelligent konstruiert.
Gregor Weber schließlich ist auch vielen aus dem Fernsehen bekannt. Mit seinem Titel „Kochen ist Krieg! Am Herd mit deutschen Profiköchen“ beschreibt er eine Rundreise durch 10 Profiküchen in Deutschland. Es sind alles Profiküchen, aber das angestrebte Niveau ist sehr unterschiedlich und auch da kann man viel erleben. Sogar im Kino: „Soul Kitchen“ war mitreissend!
Das der fast schon inflationären Entwicklung der Kochshows im Fernsehen entsprechende Buchveröffentlichungen folgen würden, war zu erwarten. Das Schöne dabei ist aber, dass dies wirklich Bücher mit Niveau sind, die viel mehr darstellen, als nur das Buch zum Film. Ganz im Gegenteil, sie leisten das, was man sich von einem guten Buch erwartet: Spannung, Unterhaltung und Hintergrundinformationen mit Niveau.

 Gregor Weber, Kochen ist Krieg! Am Herd mit deutschen Profiköchen, Piper Verlag, 2009, € 19,95
 Vincent Klink, Sitting Küchenbull, Gepfefferte Erinnerungen eines Kochs, Rowohlt Verlag, 2009, € 19,90
 Martin Suter, Der Koch, Roman, Diogenes Verlag, € 21,90 (auch als Hörbuch, 6 CDs, Spieldauer 437 min, gelesen von Heikko Deutschmann, € 28,99)

New York - I love you


Wir waren mal wieder im Kino und dieser Film ist schon allein deshalb bemerkenswert, weil das Thema ja bei vielen Menschen großes Interesse auslöst. New York, die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten, einerseits unbezähmbar groß und bedrohlich, andererseits in ihrer kulturellen Vielfalt anziehend, eine Stadt, die angeblich niemals schläft. Übrigens gibt es dort auch einige, zum Teil sehr besuchenswerte Micro-Breweries, nicht zuletzt das Black Forest Brew Haus in Farmingdale auf Long Island (Bild oben).
Vor dieser Kulisse ein Liebesfilm? Nicht überraschend, dass er in Episoden gedreht wurde, denn so wie der hektische Rundfunkhörer sich daran gewöhnt hat, nur noch 3-Minuten-Beiträge zu lesen, so werden einige der Menschen, die in diesem Film gezeigt werden, Schwierigkeiten haben, sich langfristig für nur eine Liebe zu entscheiden.
Naturgemäß ist fast nichts in diesem Film normal, wenn man vielleicht von der andauernden Liebe eines älteren Ehepaares absieht, die von den typischen kleinen Alltagszänkereien nur scheinbar gestört wird. Ansonsten sind die Geschichten immer interessant, manchmal auch witzig, immer gut ausgedacht und lassen mich doch mit gemischten Gefühlen zurück. Ein solcher Aufwand an Stars bei Regie und Schauspielern wurde getrieben, und dennoch war ich als Zuschauer meistens verwirrt:
Bild
Kaum hat man sich in eine Geschichte ein wenig hineingedacht, beginnt schon die nächste – oder war es eine Rückblende? Offenbar ist jemand mit dem großen Mixer in den Schneideraum gekommen und hat die Geschichten ein wenig durcheinandergebracht, so dass die Reihenfolge nicht mehr so richtig stimmt, und ein anderer hat alles auf kurz und staccato geschnitten, so dass man wahnsinnig aufpassen muss, um die Handlung überhaupt nachverfolgen zu können. Also kein entspannender Film, trotz des Themas, eher ein Test auf Kurzzeitgedächtnis, Aufmerksamkeit und Kombinationsgabe. Wer sich dem aussetzen will, mag es am Ende auch wieder ganz amüsant finden.