Mittwoch, 22. Juni 2011

Fany Solter and Friends


Fany Solter ist eine brasilianische Pianistin mit deutschen und russischen Wurzeln - oder ist sie eine deutsche Künstlerin brasilianischen Ursprungs? Schon bei dieser Frage zeigt sich, wie schwer die Aufgabe ist, dieser vielschichtigen Persönlichkeit gerecht zu werden. In jedem Fall konzertierte sie längst schon international, als sie 1984 zur Rektorin der Hochschule für Musik in Karlsruhe gewählt wurde.


Das geschah zu einer Zeit, als es im Bundesland Baden-Württemberg noch denkbar war, die im Rahmen der vorhersagbar stets wiederkehrenden Budgetkrisen propagierten Sparmaßnahmen zunächst auf das Teil des Landes zu konzentrieren, das sowieso schon den Kürzeren (Namen) gezogen hatte. Wenn also eine der vielen Musikhochschulen des Landes verkleinert oder gar geschlossen werden sollte, dann würde das nach Meinung bestimmter Kreise wohl in Karlsruhe geschehen müssen.

Auch wenn die neue Rektorin auf den ersten Blick ein bisschen kleiner wirkte als andere, wäre es doch ein Fehler gewesen, sie zu unterschätzen. Sie war intelligent genug, sich Verbündete zu suchen, und hartnäckig genug, sich nicht abwimmeln zu lassen. Sie hatte genug Energie, um auch ein Dutzend Widersacher an die Wand zu spielen, und das künstlerische Format, das mit Eleganz und Niveau zu tun. Sie war frech genug, um kein Blatt vor den Mund zu nehmen, und charmant genug, dass es ihr keiner nachtragen konnte. Sie war vernetzt genug, um zu wissen, wen sie anrufen musste, und unabhängig genug, um nicht in Seilschaften verstrickt zu sein, die ihr unbillige Rücksichtnahmen abverlangt hätten. Kurz und gut, Fany Solter entpuppte sich als ideale Besetzung in einem Stück, das zur allgemeinen Überraschung plötzlich nicht mehr von Atemnot und Kostenrunden, sondern von Höchstleistungen und zukunftsorientierter Expansion geprägt war. Damit hat sie mit Kraft und Weitsicht den Grundstein zur einer heute noch florierenden Musikhochschule gelegt, und dafür dürfen nicht nur ihre Schüler, sondern alle Karlsruher dankbar sein.

Tatsächlich war auch die Öffnung der Hochschule zur Stadt hin eines ihrer Anliegen. Obschon selbst keine Freundin alkoholischer Getränke, hat sie sich schon alleine zur Festigung dieser Verbindung zur Region gerne bereit erklärt, in unserer CD-Serie „Hoepfner Classics“ als Künstlerin und als Mitglied des Herausgeber-Teams mitzuarbeiten. Wenn sie dort in den Diskussionen eine Meinung äußerte – was ebenso sanft wie sachkundig und nachdrücklich geschah – dann konnte der jeweilige Protokollant nicht genau genug mitschreiben, den schon wenige Minuten später kamen mit großer Regelmäßigkeit auch die anderen Mitglieder des Gremiums zu der Auffassung, dass sie nie etwas anderes gewollt hatten und sich Fany Solters Auffassung gerne anschließen würden. So hat sie auch an dieser Stelle künstlerisches Niveau und regionale Verbundenheit geprägt.
Das mag längst Geschichte sein, genau so wie ihre Unterstützung der Deutsch-Estnischen Gesellschaft, wo sie mithalf, dem Freiheitskampf dieses kleinen Volkes am Rande des russischen Imperiums ein Gesicht und ein Ziel zu geben, die mit neuem Leben erfüllte Kooperation mit dem Badischen Staatstheater, die Teilnahme an unzähligen Festivals und Wettbewerben und die Berufung tragender Persönlichkeiten nach Karlsruhe. Aber die Ergebnisse dieser Aktivitäten wirken noch heute fort und zählen zu den vielen Verdiensten, die Fany Solter sich erworben hat. Dazu gehört auch eine europaweit so einzigartige Einrichtung wie das Institut Lernradio, aus dem heute sogar ein Studiengang Medientechnologie hervorgegangen ist. Mit diesem Engagement hat sie auch im Auge gehabt, angehenden Musikern interessante Arbeitsplätze in einer sich wandelnden Gesellschaft anzubieten.

Am 1.6.2011 fand unter dem Titel „Fany Solter and Friends“ ein Konzert im Velte-Saal der Musikhochschule statt. Wenn Fany Solter sich damit aus ihrer aktiven Lehrtätigkeit verabschiedet haben sollte, so ist das jetzt doch auch ein Neuanfang, um sich eigenen künstlerischen Aktivitäten zu widmen. Die Vielzahl und Qualität der an diesem Abend von ihren Freunden und Schülern gebotenen Programmpunkte lässt nur ahnen, welche Impulse sie anderen gegeben hat und wie viel Kraft jetzt für eigene Projekte frei werden wird. Unsere Dankbarkeit, unsere Hochachtung und unsere besten Wünsche begleiten Sie auf diesem Weg.

 



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