Ich kannte es sozusagen von Kindesbeinen an. Will meinen, ich hatte die Gerstenfelder im Wind rauschen hören, und ich hatte aus dem Bach getrunken, wo es seinen Ursprung hatte. Auch den Hopfen hatte ich zwischen den Fingern gerieben, um mich an seinem Aroma zu berauschen, mit dem es vielleicht gewürzt war. Und natürlich hatte ich dem Meister zugesehen, der es bereitete, ihn für seine Ruhe und Klarheit bewundert, und für die Geduld, die er brauchte, um das wochenlange Reifen zu ertragen.
Jetzt also steht es vor mir. Die tiefgoldene Farbe erinnert noch ein wenig an die Sonne über den Gerstenfeldern. Wenn geerntet wird, spürt man am frühen Morgen manchmal schon den ersten kühlen Hauch des kommenden Herbstes, und im klaren Himmel sammeln sich die ersten Vögel für den langen Weg nach Süden.
Außen verdichtet sich der feuchte Belag des Glases zu einzelnen Tropfen, welche sich herunter rinnend eine Straße durch das Kondensat bahnen, unweigerlich auf dem Weg zu ihrem Ende voranstrebend. Wenn sie angelangt sind, wird ein Stück Papier sie aufsaugen, eigens dafür angelegt, das Hemd des Genießers zu schonen und seine Krawatte zu retten.
Der Schaum ist keine feste Größe. Tausende von kleinen Perlen entstehen aus dem Nichts. Wenn man das Schauspiel von nahe beobachtet, erkennt man die Bewegung. Die kleinen Perlen wandern nach oben, einige verbinden sich zu größeren, sie drücken von unten gegen die Decke und doch gelingt es ihnen nicht, sie zu heben. So platzen sie, hinterlassen ein winziges Rinnsal der kostbaren Flüssigkeit, welche sich entlang der nachstrebenden Perlen nach unten verliert. Eine Bewegung stellt sich gegen die andere, sie kämpfen miteinander und doch gibt es keinen Sieger. Die Schaumdecke senkt sich langsam, gibt den oberen Rand des Glases frei, im Vergehen entsteht sie wieder neu.
Wenn man den nun entstandenen Leerraum über dem Schaum nutzt, um die Nase so richtig hineinzusenken, den Eindrücken freien Lauf lässt, sich dem Duft hingibt, dann spürt man das feine Aroma aus Hopfen und Hefe. Ein bisschen nach frischen Kräutern darf es riechen, aber nicht nach Grass; ein wenig Maroni oder Karamell tut ihm gut, aber weder Rührei noch Palatschinken. Schnuppern genügt nicht, man muss den Duft in sich hineinsaugen, an allen Riechzellen vorbeischleusen und eine Millisekunde in der Nase belassen, um ihn voll zu erleben.
So gut kann nur ein Bier von zu Hause sein. Ein köstlicher Moment kündigt sich an.
Der erste Schluck.